Virtuelles Europäisches Kulturzentrum
- Europäische Studie zur Alltagskultur -
Technische Innovation
Große Wäsche
Große Wäsche
Als ich neulich nach Hause kam, war meine Frau nicht da. Aber auf dem Küchentisch lag ein Zettel mit dem Hinweis,
daß ich doch bitte die Waschmaschine anschalten sollte. Ich tat, wie mir geheißen, und der Waschautomat begann sein Werk.
Früher dagegen war das immer ein Problem mit der sogenannten "Großen Wäsche". Wir wohnten in einem Vierfamilienhaus
und hatten demzufolge aller vier Wochen das große Waschhaus im Hause eine Woche dafür zur Verfügung. Das begann am Montag
mit dem Abziehen der Bettbezüge und dem Heraussortieren der übrigen schmutzigen Kochwäsche. Inzwischen war der Kessel
angeheizt, und ein Teil des heißen Wassers konnte für die sogenannte Feinwäsche entnommen werden. Dann kam die Kochwäsche
mit einer guten Portion Waschmittel -ich glaube, es war Persil- in den Kessel und wurde mindestens eine Stunde gekocht.
Danach wurde sie mit dem "Wäscheknüppel" herausgefischt und in die Waschwanne gegeben. Die war oval und aus Holz oder
Zinkblech. Auf dem Waschbrett, das heute viele nur noch von Dixiland-Bands kennen, wurde dann gerubbelt, was das Zeug hielt,
wobei die hartnäckigen Schmutzstellen noch mit Kernseife behandelt wurden. Gegenüber des Waschbrettes war die Wringmaschine
angeschraubt. Das waren zwei Hartgummiwalzen, die zwei Federn gegeneinander drückten. Mit einer Kurbel wurden sie gedreht
und die Wäschestücke hindurchgepresst und damit das Wasser herausgewrungen. Diese fielen in eine andere Wanne mit klarem
Spülwasser. Nach mehrmaligem Spülen ging die Wäsche noch einmal durch die Wrigmaschine und wurde dann im Sommer auf dem Hof
und im Winter auf dem Hausboden aufgehängt.
Zur "Erleichterung" und zur Erhöhung des Reinigungseffektes hatten wir noch einen sogenannten "Wäschestuker". Das war eine
verzinkte Stahlglocke an einem starken Holzstiel, in der noch eine etwas kleinere, mit Löchern versehene geschlossene Glocke
mit einer starken Feder befestigt war. Dieses Gerät mußte nun in einem bestimmten Rhythmus möglichst senkrecht in den heißen
Wäschekessel gedrückt und wieder hochgezogen werden. Eine Schinderei über dem dampfenden Kessel. Natürlich gab es in einigen
Haushalten auch schon eine Waschmaschine. Das waren hölzerne Bottiche auf drei Beinen. In der Mitte des festschließenden
Deckels war ein Zahnradgetriebe, das durch einen Schwengel hin und her bewegt werden mußte und dadurch im Innern drei
Schlegel drehte, die die Wäsche hin und her bewegten. Weiterentwicklungen dieser Waschmaschinen konnte ich unlängst in einem
Museum bewundern. Da war der Schwengel schon durch einen Elektromotor ersetzt, und noch weiter war schon eine Heizspirale
eingebaut. Aber die Befestigungsmöglichkeit für die mit der Hand zu betreibende Wringmaschine war noch vorhanden.
Nach dem Trocknen der Wäsche ging es dann damit "auf die Rolle", wie bei uns die Wäschemangel hieß. Die Wäschemangel war ein
massives Gestell aus Weißbuche, ungefähr viereinhalb bis fünf Meter lang und nicht ganz zwei Meter breit. Ein großer, schwerer
Kasten, gefüllt mit Steinen, konnte mittels einer Kurbel und einer Zahnstange in dem Gestell hin und her bewegt werden. Er
rollte auf zwei Docken, auf die die zu rollende Wäsche aufgewickelt war. Während zwei aufgewickelte Docken so bearbeitet
wurden, wurde die dritte vorbereitet. Die dazu erforderlichen Rolltücher, in die die Wäsche eingewickelt wurden, hütete meine
Mutter, als wäre Gold darin verwoben. Zu der Zeit hatten sie sicher einen kaum ersetzbaren Wert. Der Rollvorgang verlief bei
den Bettbezügen, Betttüchern und Tischdecken immer relativ problemlos. Anders war es schon bei den anderen Wäschestücken, der
Leib- und sonstigen Wäsche. Hier passierte es schon mal, daß alles verrutschte. Wenn die Docke dann auch noch schief lief, war
es manchmal gar nicht so einfach, das zerknautschte Wirrwar unter dem Kasten hervor zu bekommen. Seltsamerweise war dann
meistens ich schuld, der ja nichts weiter zu tun hatte, als mit gleichbleibender Monotonie die Kurbel zu drehen, weil ich
entweder zu schnell, zu langsam, zumindest aber nicht gleichmäßig genug gedreht hatte.